Sicherheitsbestand

von Lukas Roth

 
 

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Vom Servicegrad zum Sicherheitsbestand

 

Mit Hilfe der Dichtefunktion lassen sich die Servicegrade bei verschiedenen Standardabweichungen berechnen. Um die aufwendige Berechnung zu vereinfachen, sind in vielen Tafelwerken und Formelsammlungen [42] Tabellen abgebildet, in denen die Berechnung der Wahrscheinlichkeit vorgenommen ist (Φ(x)). Es kann somit abgelesen werden, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Prognosefehler kleiner oder gleich einer bestimmten Anzahl Standardabweichungen liegt. Wird beispielsweise ein Bestand von einer Standardabweichung als Sicherheitsbestand gelagert, kann mit 84% Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es zu Lieferengpässen kommt. Bei einem Sicherheitsbestand von zwei Standardabweichungen können 97,72% Liefersicherheit abgedeckt werden. Bei großen Werten, welche über die Tabelleneinträge hinausgehen, können Approximationen zum leichteren Berechnen angewandt werden42. Standardabweichungen größer 3,5 sind jedoch in der logistischen Praxis nur sehr selten relevant.
Will man den Sicherheitsbestand zu einem gewünschten Servicegrad ermitteln, muss der so genannte Sicherheitsfaktor (k) bekannt sein. Dieser lässt sich ebenfalls aus Tabellen ablesen und ist die Umkehrfunktion mit gegebenen Φ(x).

Servicegrad

Sicherheitsfaktor

90,00%

1,2816

95,00%

1,6449

98,00%

2,0537

99,00%

2,3263

99,50%

2,5758

99,99%

3,7190

Tabelle 3: Servicegrad und Sicherheitsfaktor

Der Sicherheitsbestand errechnet sich dann aus:

(F18) Sicherheitsbestand = k x σD

Beträgt zum Beispiel die Standardabweichung σD = 50 Stück und es ist ein Servicegrad von 95% erwünscht ergibt sich aus Tabelle 3 ein Sicherheitsfaktor k von 1,6449. Somit lässt sich mittels 1,6449 x 50 ein Sicherheitsbestand von 83 Stück berechnen.

In Tabelle 3 ist deutlich zu erkennen, dass der Sicherheitsfaktor bei einer Erhöhung des Servicegrades nicht proportional sondern progressiv steigt. Dies bedeutet gleichzeitig, dass der Sicherheitsbestand bei höheren Servicegraden ebenfalls progressiv wächst. Die Disponenten müssen diesbezüglich zwischen dem Vorteil einer erhöhten Lagerlieferbereitschaft und dem damit verbundenen Nachteil hoher Lagerhaltungskosten durch gebundenes Kapital abwägen. Arnold [43] stellt dazu fest, dass der Sicherheitsbestand theoretisch so dimensioniert werden kann, dass die „Summe der Fehlmengenkosten und die Lagerhaltungskosten minimiert“ werden. „Aber wegen der Unsicherheit bei der kostenrechnerischen Ermittlung der Fehlmengenkosten und der Bewertung der sonstigen Nachteile aufgrund fehlender (momentaner) Lieferbereitschaft, wird in der Praxis das statische Servicegrad-Konzept bevorzugt.“ Das bedeutet, dass die Höhe des Servicegrades individuell vom Management, unter Berücksichtigung vieler Faktoren, individuell bestimmt werden muss. Diese Faktoren könnten zum Beispiel die Wiederbeschaffungszeit, die Fehlmengenkosten oder die Kundentreue sein. So ist sicherlich einleuchtend, dass der Sicherheitsbestand für lebensrettende Blutkonserven höher sein sollte, als bei „Joghurt mit rechtsdrehenden Milchkulturen - Geschmack Erdbeere“ [44] im Supermarkt.

Zu beachten ist, dass der Servicegrad in der bisherigen Betrachtung nichts über den betrachteten Zeitraum aussagt. Ein Servicegrad von 95% bedeutet also, dass wenn in einem Jahr 100 Lagerbestellungen aufgegeben werden 95 davon bedient werden können. Wenn jedoch nur einmal im Jahr ein Bedarf auftritt, dann sind 5 Fehlmengenereignisse in 100 Jahren zu erwarten.

Gibt das Management eine feste Anzahl maximaler Fehlmengenereignisse vor, dann kann der Sicherheitsbestand folgendermaßen berechnet werden:

Annahme:

• 360 Bestellungen pro Jahr
• Maximal 7 Fehlmengen pro Jahr
σD = 37 Stück

Berechnung des Sicherheitsbestandes:

• Servicegrad ergibt sich aus ((360-7)/360) = 98%
• Sicherheitsfaktor laut Tabelle 3 bei 98% entspricht 2,0537
• Sicherheitsbestand ergibt sich aus k x σD = 2,0537 x 37 = 76 St.

Der Sicherheitsbestand ist somit abhängig von der Bestellhäufigkeit bzw. Bestellmenge. „Eine große Bestellmenge schützt […] allein schon mehr gegen Fehlmengen vor Ablauf der Beschaffungszeit als kleine. Daher braucht man für ein Material auch nur einen geringeren Sicherheitsbestand, wenn es in größeren Losen bezogen wird, weil das Auftreten eines Fehlmengenereignisses dann seltener ist.“ [45]


[42] zum Beispiel [Spri2000] S.450f.

[43] siehe [Arn1996] S.111

[44] aus Verkaufsprospekt „Kaufland“

[45] siehe [Arn1996] S.113

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