Sicherheitsbestand

von Lukas Roth

 
 

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Lieferzuverlässigkeit und Lagerhaltungskosten

 

1986 wurde eine Befragung von 460 Unternehmen zu den Zielen der Lagerhaltung durchgeführt [19]. Davon beteiligten sich 181 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Als wichtigster Grund wurde die Gewährleistung der Lieferzuverlässigkeit (77,90%) vor der Minimierung der Lagerhaltungskosten (56,90%) genannt. Wovon ist jedoch die Lieferzuverlässigkeit abhängig? Gudehus unterscheidet diesbezüglich die vier Faktoren [20] „Lieferfähigkeit des Lagers“, „Liefertermintreue der Fertigung bzw. des Lieferanten“, „Versandtermintreue“ und „Sendungsqualität“. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll jedoch nur die „Lieferfähigkeit des Lager“ weiter betrachtet werden.

Eine hohe Lieferfähigkeit des Lagers kann erreicht werden, indem in Abhängigkeit der Wiederbestellzeit ein Sicherheitsbestand für die Lagerartikel angelegt wird. Es ist jedoch leicht ersichtlich, dass bei zusätzlichem Bestand Kosten in Form von gebundenem Kapital entstehen [21]. Peter Nyhuis [22] bezeichnet diesen Konflikt als „Dilemma der Materialwirtschaft“. Durch eine gute Planung der Sicherheitsbestände kann ein gutes Mittelmaß oder sogar ein optimales Gleichgewicht zwischen Lieferfähigkeit und Kapitalbindung gefunden werden.
Laut „Gabler-Lexikon“ [23] dient der Sicherheitsbestand der „Abdeckung aller Arten von Unsicherheiten als Folge der verschiedenen Abweichungen zwischen geplantem und effektiven Bedarf.“ Es wird dabei noch einmal unterschieden zwischen Abweichungen in der:

• Bedarfsermittlung:

Immer wieder können Fehler bei der Berechnung der Bedarfe auftreten. Beispielsweise könnten Stücklisten falsch erstellt wurden sein oder der Bedarf wurde in der falschen Periode eingeplant. (Dann nur relevant wenn zu spät eingeplant) Oftmals ist auch nicht genau planbar wie hoch der Bedarf im Einzelnen ist. [24]

• Wiederbeschaffungszeit:

Die Versanddauer schwankt bei den Logistik-Unternehmen [25] manchmal um mehrere Tage, obwohl viele Unternehmen bemüht sind in 1-2 Tagen den Transport zu realisieren. Viel problematischer ist die ungewisse Wiederbeschaffungszeit in der heutigen Zeit der Globalisierung. Durch die langen Transportzeiten der Containerfracht per Schiff aus dem ostasiatischen Raum, sind Lieferzeiten von 6-8 Wochen reine Transportzeit nicht selten.

• Abgelieferten Menge:

Wird die bestellte Ware nicht vollständig ausgeliefert, kann es zu Engpässen kommen und der Bedarf nicht mehr vollständig gedeckt werden. Dies könnte bei fast ausverkauften Artikeln seitens der Lieferanten der Fall sein. Oder aber die Lieferung ist zwar vollständig aber von minderwertiger Qualität und kann nicht eingesetzt werden.

• Fehler in der Bestandsrechnung:

Fehler in der Bestandsrechnung können beispielsweise durch Zahlendreher bei der Berechnung der Bestände auftreten.

Wird der Sicherheitsbestand in das allgemeine Lagermodell integriert, dann wird deutlich, dass er hierbei das grundlegende Fundament darstellt. (siehe Abb. 3)

Abbildung 3

Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kennzahlen der Lagerhaltung. Als Beispiel dient der mittlere Lagerbestand der jetzt folgendermaßen definiert ist:

(F7) mb=msich+(mn/2) (mittlerer Bestand)

Um im richtigen Moment reagieren zu können wird der Meldebestand eingeführt. Dieser setzt sich aus Sicherheitsbestand und Verbrauch in der Wiederbeschaffungszeit zusammen.

(F8) mmb=msich+mwbz (Meldebestand)

Der Sicherheitsbestand und die Nachschubmenge sind zwei Größen, von denen die Bestandshöhe stark abhängt. Gudehus stellt diesbezüglich fest, dass der „Sicherheitsbestand in seiner Auswirkung häufig unterschätzt, nicht immer korrekt festgelegt und selten aktualisiert“ [26] wird. Ähnliche Ansichten vertritt Horst Tempelmeier in dem er schreibt: “In der Praxis wird häufig versucht […] zu verhindern, dass der Sicherheitsbestand überhaupt angegriffen wird. […] Dies zeugt von einem fehlerhaften Verständnis der Funktion des Sicherheitsbestandes. Denn in diesem Fall wird der Sicherheitsbestand niemals in Anspruch genommen und ist demzufolge überflüssig. (toter Lagerbestand)“ [27]


[19] siehe [Schu2001] S.248

[20] siehe [Gud2002] S.122

[21] Dieses Kapital könnte am Kapitalmarkt zinsbringend angelegt werden.

[22] siehe [Nyh2003] S.239

[23] siehe [Höl1983] S.232

[24] Dies könnte zum Beispiel bei extrem sporadischem Bedarf der Fall sein.

[25] So zum Beispiel das Unternehmen DHL: http://www.dhl.de

[26] siehe [Gud2004] S.371

[27] siehe [Tem2003] S.443

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