Praxisbeispiel
Die „Amidro“ [50] ist eine Einkaufsgenossenschaft für die Drogeriebranche mit Zentrallager in Biel und Wil in der Schweiz. Schon Anfang der 1970er Jahre wurde auf der Kundenseite die Bestellübermittlung automatisiert. Später konnten erste Erfahrungen mit der Automatisierung der Lagerwirtschaft gesammelt werden, welche jedoch allesamt scheiterten. So führen beispielsweise Versuche mit exponentieller Glättung nicht zum gewünschten Ergebnis. Die Bestellvorschläge hatten nur bei „unproblematischen Artikeln“ teilweise Erfolg. Durch das breite Sortiment konnte trotzdem der Aufwand des Disponenten kaum gesenkt werden. So wurde durch Bildung eines Teams aus EDV-Mitarbeitern, Disponenten und externen Beratern ein Projekt gestartet, welches zum Ziel hatte, ein System zu entwickeln, welches dem Disponenten erlaubt 80% der automatischen Bestellvorschläge zu akzeptieren und gleichzeitig den Lagerbestand bei gleich bleibenden Servicegrad um 10% zu senken. Der Lösungsansatz war im Prinzip simpel. Durch eine Klassifizierung der Lagerartikel in regelmäßige Artikel, saisonale Artikel, Kleinmengenartikel und Spezialfälle konnten Artikelgruppen gebildet werden, welche ähnliche Bewirtschaftungscharakteristiken aufwiesen und somit einem individuellen Bestellmodell auf Artikelebene zugeordnet werden konnten. Anschließend wurden umfangreiche Simulationen durchgeführt. Dabei wurden die Absatzzahlen des vorletzten Jahres betrachtet, in die dann sukzessiv die Zahlen des Vorjahres einflossen. Erst als keine weiteren Verbesserungen mehr möglich waren und der erwartete Servicegrad sich einstellte, wurde die Computersimulation beendet. Der Erfolg war verblüffend:
1. Lagerreduktion:
Es konnte ein Lagersenkungseffekt von 30% über die volle Breite des Sortiments erzielt werden. Dies führte zu einer zusätzlichen Liquidität von 400.000 Franken und 700 leeren Paletten. 2. Bestellproduktivität
Etwa 95% der automatischen Bestellvorschläge können vom Disponenten akzeptiert werden. 3. Wareneingangskosten
Ein Anstieg der Wareneingangskosten durch mehr Bestellpositionen konnte nicht verzeichnet werden. Stattdessen wurden die Kosten durch einen gleichmäßigen Dispositionsplan sogar gesenkt. Rückblickend wurde festgestellt, dass drei Faktoren den Erfolg des Systems beeinflussten. Dies waren der erreichte optimale Bestellrhythmus, eine risikogerechte Verteilung des Sicherheitsbestandes (größeren Sicherheitsbestand bei Artikeln mit großen Absatzschwankungen) und das Ausnützen der Saisonalität der Artikel.
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